Spitzenladeleistung

Wie in einem anderen Blogeintrag angedeutet, habe ich mir einen Indikator der Bewertung der Ladeleistung bezogen auf das jeweilige Modell überlegt. Es stellen sich nämlich, meiner Meinung nach, zwei potentielle Probleme, wenn nur die Ladeleistung eines Modells kommuniziert wird:

(1) Für Experten ist die Ladeleistung nicht ausreichend hinsichtlich ihres Informationsgehalts. Theoretisch könnte ein Auto mit geringerer Ladeleistung sogar schneller "Reichweite nachladen" als ein Auto mit einer höheren. Warum? Wenn erstes Fahrzeug effizienter im Fahrbetrieb ist, sprich weniger Verbrauch aufweist als das zweite. Diesem Personenkreis geht es um die Aussagekraft der Ladeleistung.

(2) Für Laien ist die Ladeleistung ein verwirrender Parameter. Bisher tankten diese nur an einer Zapfsäule, mit wieviel Bar oder mit wie vielen Litern pro Zeiteinheit ihr Auto betankt wird, war hier komplett irrelevant. Solche Personen, welche oft neu mit der Elektromobilität in ihrem Alltag zu tun haben, können mit Einheiten in kW oftmals nichts anfangen. Diesen Personen geht es um die nachgeladene Strecke pro Zeit.

Daher habe ich mich für eine Verschneidung der Ladeleistung PLadung [kW] mit dem Verbrauch ηElektro [kWh/km] des jeweiligen Modells entschieden:

PLadung ÷ ηElektro

Nachdem das Ergebnis dieser Verschneidung nur ein theoretisch-optimaler Spitzenwert (nachgeladene Reichweite in km/h) ist, welcher nur selten in der Praxis für eine längere Zeit erreicht wird, habe ich mich bei der Benennung für "Spitzenladeleistung" (SLL) entschieden.

Dadurch steht die Ladeleistung nicht mehr im luftleeren Raum, sondern ist immer auf die Effizienz des jeweiligen Modells bezogen. Ein Auto mit hoher Ladeleistung, aber schlechter Effizienz wird damit vergleichbar mit einem Fahrzeug mit mittlerer Ladeleistung, aber hoher Effizienz.

Als Top-Modell hinsichtlich SLL ist hier das Model 3 (LR AWD) zu nennen, welches bei einer Ladeleistung von 250 kW und einem Verbrauch von teilweise nur 15 kWh/100km eine SLL von 1667 km/h theoretisch (und tlw. auch praktisch) erreichen kann! Hingegen schafft der Audi e-tron (55) bei einer Ladeleistung von 150 kW und einem sagenhaftem Verbrauch jenseits von 25 kWh/100km nur eine SLL von 536 km/h (ein Drittel des Teslas).

Um das Ganze jetzt anschaulich zu machen folgen zwei Tabellen, wobei jeweils die Spalten (50, 75, ...) die Ladeleistung in kW und die Zeilen den elektrischen Verbrauch (15, 16, ...) in kWh/100km angeben:

In folgender Tabelle wird nach obiger Formel die Spitzenladeleistung in Abhängigkeit der Ladeleistung und des Verbrauchs, angegeben in "nachgeladener elektrischer Reichweite in Kilometer pro Stunde", ermittelt. Wenn man jetzt einen Durchschnittsverbrauch von 18 kWh/100km anlegt (Warum siehe letzter Absatz unten!), dann sind starke Sprünge bei der nachgeladenen Reichweite ersichtlich: Früher waren nur maximale Ladeleistungen von 50 kW sowohl beim Fahrzeug, als auch bei der Ladestation möglich, was in einer SLL von etwa 278 km/h mündet. Heutige Fahrzeuge in Massenproduktion können bereits Ladeleistungen von über 100 bis 150 kW vertragen, womit sich eine SLL jenseits von 500 bis über 800 km/h ergibt.

![](/img/user/21 Homepage Alt/images/sll_kmh.png)

Resultierende nachgeladene elektrische Reichweite pro Stunde (km/h) bei gegebener Ladeleistung und elektrischem Verbrauch.

Nachdem die wenigstens E-Fahrenden eine Stunde am Schnell-Lader stehen und rein technisch die maximale Ladeleistung sicherlich nicht über so einen großen Zeitraum abgerufen werden kann, folgt noch eine weitere Tabelle: Hier wird nach obiger Formel die Spitzenladeleistung in Abhängigkeit der Ladeleistung und des Verbrauchs, angegeben in "nachgeladener elektrischer Reichweite in Kilometer pro 10 Minuten", ermittelt. Es zeigt sich, dass beim Durchschnittsverbrauch (18 kWh/100km) bei 100 kW fast 100 km pro 10 Minuten an SLL nachgeladen werden können (schön zu merken).

Interessantes Detail an dieser Zahl ist, dass die österreichische ASFINAG (2020) nach entweder 2 Stunden oder 200 Kilometern eine Fahrtpause von etwa 20 Minuten vorschlägt. Somit sollte die optimale Ladeleistung für Fahretappen von 200 Kilometern und Ladepausen von 20 Minuten irgendwo zwischen 100 und 125 kW liegen. Hat man es noch eiliger und möchte pro 20 Minuten Pause 300 Kilometer nachladen, benötigt man eine Ladeleistung von 150 bis 175 kW.

![](/img/user/21 Homepage Alt/images/sll_km10min.png)

Resultierende nachgeladene elektrische Reichweite pro 10 Minuten (km/10min) bei gegebener Ladeleistung und elektrischem Verbrauch.

Wie dem Lesenden bereits aufgefallen sein dürfte, ist in obigen Tabellen jeweils die Zeile bei 18 kWh/100km hervorgehoben. Dabei handelt es sich um den gängigen Durchschnittsverbrauch (ohne Ladeverluste) eine Elektrofahrzeuges. Die EV Database (2020) gibt zwar derzeit einen Wert von 195 Wh/km (= 19.5 kWh/100km) an, jedoch sind hier sowohl extrem verbrauchsarme (Lightyear One), als auch verbrauchsintensive (Tesla Cybertruck) Modlle angeführt, welche derzeit noch nicht verfügbar sind.

Als Empfehlung kann ich daher folgende Bemerkung machen:

Beim Neukauf oder Leasing eines e-PKW sollte man darauf achten, dass das Fahrzeug mindestens 100 kW an DC-Ladeleistung nutzen kann. Dann kommt man auch auf weiteren Strecken rasch voran.

Yeah ⚡.