Praxis: VW e-UP (I)
Nachdem wir gerade mitten im Winter sind, ich die Reichweite meines Fahrzeugs (seit kurzem fahre ich einen VW e-Up!, evspecifications 2021) "dahinschmelzen" sehe, ich über das (Reichweiten-)Verhalten von Elektroautos im Winter bereits einen Beitrag verfasst habe und ich ein Daten-Nerd bin, haben mich die genauen Zahlen hinsichtlich der Veränderung bei Verbrauch, Reichweite und anderen Fahrzeugdaten interessiert.
Glücklicherweise stellt VW über seinen Dienst "We Connect" die Möglichkeit zur Verfügung, die Betriebsdaten des eigenen Fahrzeuges herunterzuladen. Diese Daten sind auch Basis dieser Auswertung.
Zuerst hier noch die allgemeinen Fahrzeugdaten:
| Marke | Modell | Akku Kapazität brutto [kWh] | Ladeleistung [kW] | Reichweite WLTP [km] | Reichweite EPA [km] | Reale Reichweite [km] | Reale Effizienz Brutto [kWh/100km] | Listenpreis brutto Ö [€] |
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| VW | e-Up! | 36.8 | 40 | 260 | - | 220 | 17 | €22.590 |
Anmerkung: Akku Kapazität netto liegt bei 32.3 kWh
Laut der Verbrauchs-Datenbank Spritmonitor.de (2021) verbraucht ein nach 2019 (nach dem Refresh) gebauter VW e-Up! im Mittel etwa 14.5 kWh/100km. Mal sehen wie sich mein Auto im Vergleich dazu schlägt.
Bauchgefühl
Rein aus dem Bauch heraus würde ich bezüglich Reichweite folgende Werte schätzen:
| Reichweite [km] | |
| Herbst | 220 |
| Winter | 180 |
Wenn mein Bauchgefühl stimmt hätte sich die Reichweite gegenüber der Norm also im Herbst bereits um etwa 15% und im Winter sogar um über 30% verringert. Wenn man sich also auf die Reichweite aus dem Prüfzyklus blind verlässt, hätte es hier schon ein böses Erwachen gegeben.
Temperatur
Nachdem die Temperatur einen großen Einfluss auf die Reichweite hat und um für die spätere Interpretation der Daten einen Kontext geben zu können, hier die Temperaturdaten für eine Stadt in Ost-Österreich:
Monatliche Maximal- und Minimaltemperaturen
(Wikipedia 2021)
Tabellarisch aufgelistet liegen die monatlichen Durchschnittstemperaturen für dieselbe Region bei:
| Jan | Feb | Mär | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sept | Okt | Nov | Dez | |
| Durchschnittstemperatur [°C] | -0.4 | 0.9 | 5.3 | 10.3 | 15.3 | 17.9 | 19.9 | 19.4 | 14.8 | 9.9 | 4.4 | 0.7 |
Somit sind die kältesten Monate in Ost-Österreich Dezember und Jänner, wohingegen die wärmsten Monate Juni, Juli und August sind.
Praxisauswertung
Bevor wir die tiefer in die Analyse einsteigen noch eine Info vorne weg: Nachdem ich das Fahrzeug erst seit Kurzem besitze, liegen bisher nur die Betriebsdaten von drei Monaten (Oktober bis Dezember) vor. Weitere Auswertungen folgen also und sollten noch interessantere Einblicke geben.
Als erstes können wir uns die Veränderung beim durchschnittlichem elektrischem Verbrauch (Bild links) ansehen: Wie zu erwarten steigt der Verbrauch fast linear über die Wintermonate von 14.9 kWh/100km auf etwa 17.5 kWh/100km an.
Somit stieg der Verbrauch nur über diese drei Monate um 17% an.
Daraus lässt sich dann über die Nettokapazität eine Schätzung für die Reichweite errechnen (Bild rechts): Somit verringerte sich die geschätzte Reichweite des e-Up von 217 km im Oktober auf nur mehr 185 km im Dezember. Prozentmäßig ist die Verringerung praktisch gleich wie die Steigerung des Verbrauchs.
Womit im (Früh-)Winter eine gegenüber dem Prüfzyklus verminderte Reichweite von etwa 29% vorliegt!
Und der Dezember ist noch nicht mal der kälteste Monat des Jahres. Somit sollte sich die Reichweite im Jänner nochmal verschlechtern. Ich rechne mit mindestens 30% weniger Reichweite als im Prüfzyklus.
Durchschnittlicher elektrischer Gesamtverbrauch pro Monat (eigene Darstellung).
Aufgrund des elektrischen Gesamtverbrauchs errechnete Reichweite pro Monat (eigene Darstellung).
Um jetzt die Flüghöhe etwas zu senken und herauszufinden, welche Verbräuche sich wie genau über die drei Monate verändert haben, drösseln wir obere, linke Grafik nochmal genauer auf. Dabei gilt folgende Formel:
Elektrischer Verbrauch =
E-Motor - Rekuperation + Nebenverbräuche
Um alle Daten in eine schöne Grafik zu verpacken sind diese normalisiert (also zwischen 0 und 1) dargestellt. Für alle interessierten, hier die Bandbreiten für die absoluten Werte:
| [kWh/100km] | E-Motor | Rekuperation | Neben |
| Min | 13.6 | 2.2 | 3.4 |
| Max | 15.0 | 2.4 | 4.8 |
Mit diesem Wissen können wir folgende Grafik perfekt interpretieren: Die dicke gelbe Linie ist der durchschnittliche elektrische Verbrauch pro Monat (also die Grafik oben link), die strichlierten Linien sind jeweils der Verbrauch des E-Motors (blau), der der Nebenverbräuche (rot) und die Rekuperation (grün). Zusätzlich ist noch eine horizontale graue, strichlierte Linie erkennbar, sie gibt den durchschnittlichen Verbrauch an.
Nun zur Grafik:
- Wie oben bereits angesprochen, steigt der Gesamtverbrauch fast linear über die Monate (also mit sinkender Temperatur, etwa 33%).
- Der direkte Verbrauch des E-Motors steigt nur marginal (max. 10%).
- Die Rekuperation sinkt auch nur marginal (max. 12%).
- Jedoch steigt der Nebenverbrauch über den betrachteten Zeitraum um etwa 41%!
Wer meine Beiträge über Elektroautos im Winter gelesen hat, weiß, dass besonders die Nebenverbräuche (Batterie- und Kabinenheizung) einen Großteil des Reichweitenverlusts ausmachen. Somit komm diese Zahl zwar an sich nicht überraschend, beeindruckend ist sie jedoch schon.
Die nächste Auswertung kommt nachdem weitere drei Monate vergangen sind. Ich freue mich schon auf neue Einblicke!
Bis dann. 👋